Vollkommenheit

Vollkommenheit
   in der antiken griech. Philosophie Ausdruck für eine Art von Vollendet-Sein, bezeichnet also einen nicht mehr steigerungsfähigen Zustand bzw. eine demgemäß höchste Qualität. Die entsprechenden Begriffe des ATmeinen ”ungeteilt“, ”ganz u. gar“, auch ”gerecht“. Sie werden im AT für die V. Gottes nicht verwendet. Bei der Formulierung ”Ihr sollt vollkommen sein, wie (weil) euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5, 48) steht möglicherweise ein griechisches Ideal im Hintergrund, da die ursprüngliche Formulierung lautete: ”Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6, 36). Hier ist nicht ein statischer Qualitätszustand gemeint, sondern ein immer neu anzustrebendes Ziel, das je nach den individuell verschiedenen Möglichkeiten in der Einheit von Gottes- u. Nächstenliebe mit Hilfe der Gnade Gottes verwirklicht wird (”für den pilgernden Menschen immer eine nur asymptotisch erreichbare Aufgabe“: Rahner-Vorgrimler 1961, 380). Die kirchliche Redeweise vomWeg der (ihrerseits wieder sehr eng verstandenen) Evangelischen Räte als ”Stand der V.“ ist Fehldeutungen u. einer verkehrten Praxis ausgesetzt. Faktisch führten dieses Vollkommenheitsdenken u. -streben sehr häufig zu Selbstzerstörung, menschenverachtendem Fanatismus, Überheblichkeit, Mißbrauch der Mitmenschen als Übungsmaterial für Tugenden in der Hoffnung auf eine Heiligsprechung. Eine Folge davon ist die fundamentale Krise des kath. Ordenswesens.

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

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  • Vollkommenheit — bezeichnet einen Zustand, der sich nicht noch weiter verbessern lässt. Vollkommen nimmt dabei eine Mehrfachbedeutung an: einerseits im Sinne von Makellosigkeit (lateinisch integritas), also ein von Beschädigungen freier Zustand, andererseits …   Deutsch Wikipedia

  • Vollkommenheit — Vollkommenheit, die Eigenschaft eines Gegenstandes, vermöge deren er gleichsam zu seiner Fülle (Vollendung) kommt, also seinem Begriffe od. Zwecke vollständig entspricht. Sie ist daher eigentlich die Bestimmung des Grades, in welchem ihm die zur… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Vollkommenheit — Vollkommenheit, im relativen Sinne die Übereinstimmung eines Einzelwesens mit dem reinen (idealen) Gattungstypus, im absoluten Sinne die Vereinigung der denkbar größten Zahl von Eigenschaften und Kräften in ihrem denkbar höchsten Grade, bei… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Vollkommenheit — ↑Ideal, ↑Perfektion …   Das große Fremdwörterbuch

  • Vollkommenheit — eines Menschen besteht in dreierlei: Eifer und Andacht in der Gottesfurcht, Geduld in Widerwärtigkeiten und Klugheit im gemeinen Leben …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Vollkommenheit — Idealergebnis; Perfektion; Vollendung; höchste Blüte; Ausgereiftheit; Ideal * * * Voll|kọm|men|heit 〈a. [′ ] f. 20; unz.〉 das Vollkommensein, Vollendung, Mustergültigkeit, Makellosigkeit * * * Voll|kọm|men|heit [ fɔl…], die; : das …   Universal-Lexikon

  • Vollkommenheit — Warum Stillstand schon Rückschritt ist? Aus dem sehr einfachen Grund, weil alle Vollkommenheit im Gehen selber besteht, in der Bewegung hin zu. «Hans Urs von Balthasar» Das Streben nach Vollkommenheit macht manchen Menschen vollkommen… …   Zitate - Herkunft und Themen

  • Vollkommenheit — Bravour, Makellosigkeit, Meistergültigkeit, meisterhaftes Können, Meisterhaftigkeit, Meisterschaft, Perfektion, Unübertrefflichkeit, Vollendetheit, Vollendung, Vorbildlichkeit. * * * Vollkommenheit,die:Vollendung·Perfektion+Reifheit·Reife… …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Vollkommenheit, die — Die Vollkómmenheit, plur. die en, von dem vorigen Worte. 1. Als ein Abstractum, und ohne Plural, die Eigenschaft, der Zustand, da ein Ding vollkommen ist, sowohl im absoluten und höchsten Verstande, von Gott, der Zustand, da er alle beysammen… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Vollkommenheit — Voll|kọm|men|heit, die; …   Die deutsche Rechtschreibung

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